Es gibt Wettbewerbe, bei denen schon zu Anfang oder gar im Vorfeld zu klar ist, wer gewinnen wird, zum Beispiel wenn der FC Bayern-München bei den deutschen Meisterschaften spielt. Doch es gibt auch Wettbewerbe, bei denen sich das Blatt ganz unerwartet wendet. Letzteres war am Donnerstag, den 11. Januar 2024, beim Plattdeutschen Vorlesewettbewerb „Schölers leest Platt“ in der Aula der Peter-Ustinov-Schule der Fall.
Neun der insgesamt zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Jahrgängen 5-7 fanden sich in der Aula ein, um einen zuvor ausgiebig zuhause und in der „Plattdeutsch-Freizeit“ geübten Text besonders gut vorzulesen und die Jury von sich zu überzeugen. Diese bestand aus den beiden „Platt“-sprechenden Lehrerinnen Kirsten Voß und Ulrike Wehrs, sowie dem externen Plattdeutschen Muttersprachler Hermann Schnoor. Organisation und Moderation übernahm Referendarin Antonia Gerats, die ebenfalls mit dem Plattdeutschen aufgewachsen ist. Das Publikum bestand aus geladenen Gästen der Teilnehmenden: Eltern, Großeltern, Freunde und Geschwister drückten ihrem Favoriten die Daumen. Nach einer kurzen Begrüßung ging es los. Jeweils von Applaus flankiert setzte sich ein Teilnehmer nach dem nächsten an das Lesepult und las je 60 Sekunden lang den Beginn seiner Geschichte.
Das Publikum hörte aufmerksam zu und las teils sogar in den bereitgestellten Leseheften mit. Sie hörten von lustigen Familien, geheimnisvollen Schlüsseln und Regen im Kopf. Aber auch Tiere spielten eine besondere Rolle in den Geschichten: Mal ging es um eine (nicht so) süße Katze, dann wieder um einen Adler, der sich für ein Huhn hielt und schließlich um die Hinterlassenschaften der letztgenannten Tiere.
Als alle Neun anwesenden Kandidaten gelesen hatten, gab es eine kurze Pause, in der die Jury darüber beriet, wer bis jetzt am besten gelesen und hatte und ins Finale einziehen dürfte.
Pünktlich zum Ende der Pause stand dann die Nachzüglerin, Line Krause (7c) auf der Bühne, nachdem sie kurz zuvor noch eine Klassenarbeit geschrieben hatte. Auch sie las die ersten 60 Sekunden ihrer Geschichte vor und konnte bereits nach wenigen Sätzen alle überzeugen: Der Einzug ins Finale war ihr sicher.
Im Anschluss verkündete Juror Herrmann Schnoor die drei Finalistinnen und erzählte davon, wie es in seiner (lang zurückliegenden) Schulzeit verpönt gewesen war, Platt zusprechen, und wie sehr er sich daher über die Veranstaltung und den Betrag aller Kandidaten freute. Für das Finale qualifizieren konnten sich am Ende Jule Jebe-Oehlerich, Finnja Köpen und Line Krause. Die Drei lasen ihre gesamte Geschichte in ebendieser Reihenfolge vor und konnten sich wie folgt platzieren: Jule sicherte sich den dritten, Finnja den zweiten und Line schließlich den ersten Platz.
In der abschließenden Siegerehrung nahmen die drei Gewinnerinnen mit breitem Grinsen und unter kräftigem Applaus ihre Urkunden und Gutscheine einer örtlichen Buchhandlung entgegen. Es erfordert viel Mut, sich auf einer Bühne ins Scheinwerferlicht vor eine Jury zu setzen und etwas vorzutragen. Noch mehr Mut erfordert es, einen Text in einer Fremdsprache vorzulesen, mit der man bis vor Kurzem kaum oder keine Berührungspunkte hatte, wie es für die meisten Teilnehmenden der Fall war. Daher sei hier an dieser Stelle gesagt, dass alle zehn Kandidatinnen und Kandidatinnen des diesjährigen „Schölers leest Platt“-Wettbewerbs eine tolle Leistung erbracht haben, auf die sie wirklich stolz sein können! Sie alle werden im weiteren Verlauf des Jahres weiter „Platt schnacken“ und üben, sodass sie im kommenden Jahr sicher mit noch besseren Leistungen in einem spannenden Wettbewerb antreten können werden.
Allen Kandidatinnen gilt ein besonderer Dank, nicht nur für die Teilnahme am Wettbewerb, sondern auch für ihr freiwilliges Engagement, die zunehmend aussterbende Niederdeutsche Sprache zu erhalten. Darüber hinaus geht ein großes Dankeschön an die Niederdeutschbeauftragte Annika Martens für ihre Unterstützung und die Jurymitglieder Kirsten Voß, Ulrike Wehrs und insbesondere Herrmann Schnoor, der bereits angekündigt hat, gern wieder mit dabeizusein. In diesem Sinne:„Denn bit tom nächsten mol!“
Text: Antonia Gerats
Fotos: Antonia Gerats, Mika Ludvig