Auch wenn sich Streitschichten anhört, wie das, was die Streber machen um ihr Verhältnis zu den Lehrern zu verbessern, kann ich ihnen und euch allen sagen, dem ist nicht so.
Ich habe mit einigen anderen Menschen die letzten eineinhalb Jahre zusammen eine Ausbildung zum Streitschlichter, interkulturellen Lotsen und Paten gemacht und möchte ihnen und euch diese nun gerne etwas näherbringen.
Die Ausbildung zum Streitschlichter besteht viel aus kleinen „Rollenspielen“ um Situationen und Konflikte an praktischen Beispielen zu analysieren und zu lösen. Außerdem setzt man sich mit verschiedenen Menschen und Charakteren auseinander. Man entwickelt selbst Kategorien, denen man bestimmte Eigenschaften zuteilt und ordnet innerhalb der Rollenspiele die Rollen in diese Kategorien ein. Natürlich darf auch die Theorie nicht fehlen, die ist aber einfach gehalten und meistens auch in direkter Verbindung zur praktischen Arbeit. In den theoretischen Teilen setzt man sich mit den verschiedenen Phasen eines Konfliktes und auch eines Lösungsgespräches auseinander. Alles das wird schriftlich festgehalten und ist jederzeit zum Nachlesen bereit. Nach einem dreitägigen Ganztagestraining (während der Unterrichtszeit), wöchentlichen Freitagstreffen kurz nach der Schule kann man sich dann bereits Streitschlichter nennen und bekommt sogar ein offizielles Zertifikat.
Auch das Training für die Rolle als interkulturelle Lotse und Pate wird direkt in den Streitschlichter-Lernprozess mit eingebaut. Einige wenige Unterrichtstage wurden wir komplett vom Unterricht befreit um an einem Interkulturelle Training teilzunehmen. Innerhalb davon wird viel über Menschenrechte und gesellschaftliche Werte gesprochen. Zudem werden wichtige ethische Fragen diskutiert und aktuelle Themen besprochen, wie diese vielleicht mit Menschenrechtsverletzung zu tun haben, es aber keiner mitbekommt. Das alles wird auf spielerische Weise veranstaltet, um die sensiblen Themen etwas greifbarer zu machen. Durch das Interkulturelle Training werden viele „Spiele“ vorgestellt und erklärt, dass sie später, von den Paten in ihren Klassen selber spielen können.
Die Patenschaft einer Klasse ist auch der dritte und letzte Zweig der Streitschlichter-Ausbildung. Man übernimmt in der zehnten oder elften Klasse die Rolle eines Ansprechpartners für die neu eingeschulten Fünftklässler. Man hilft ihnen sich zurecht zu finden, ist eine Anlaufstelle für Probleme neben den Tutoren und der Schulsozialarbeit und kann sogar einige Events der Klasse mit besuchen. Bestes Beispiel hierfür ist die Kennenlernfahrt, die der fünften Klasse dazu dient, sich selbst, ihre Lehrer und auch ihre Paten besser kennen zu lernen.
Natürlich hat die Corona-Pademie auch die Streitschlichter erwischt. Wir konnten leider auf keine Fahrt fahren und auch die Interkulturellen Trainings funktionieren nur halb so gut mit Maske vor dem Gesicht. Trotz allem haben die Tutoren und die Schulsozialarbeit alles versucht, damit wir als Paten bei den Klassen sein können.
Ich bin auf jeden Fall froh, diese Erfahrung gemacht zu haben und freue mich in den letzten Jahren meiner Schulzeit für die Kinder der Unter- und Mittelstufe da zu sein.
Tom Schuchardt